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Zwischen Krefeld und Argentinien gibt es nicht nur musikalische und wirtschaftliche Verbindungen – auch sportlich bestehen enge Bande. Wir haben zwei junge argentinische Hockeyspieler getroffen, die seit ein paar Jahren in Krefeld leben. Hier erzählen sie von ihren Eindrücken, Plänen für die Zukunft und den besten Schnitzeln der Stadt.

Fotos: Katja Hausmanns

Über Tango und Hockey

Krefeld: Eindrücke und Lieblingsorte

Argentinien und Deutschland

Zukunftspläne

Martin Ferreiro und Nicolas Acosta
Martin Ferreiro (Jahrgang 1997) ist seit 2022 Stürmer beim CHTC in Krefeld. Nach Europa kam der argentinische Nationalspieler erstmals 2019; spielte zunächst in den Niederlanden und in Gent. Dort trainierte er unter anderem mit dem Krefelder und späteren Weltmeister Niklas Wellen.
Nicolas Acosta (Jahrgang 1996) kam 2017 von Argentinien nach Europa. Zunächst spielte er in Belgien; 2021 holte ihn der CHTC nach Krefeld, wo er im Mittelfeld und als Stürmer überzeugt. Der argentinische Nationalspieler studiert neben dem Sport Marketing im Fernstudium.

Über Tango und Hockey

Ihr lebt in der Stadt, in der praktisch das Musikinstrument für den Tango erfunden wurde. Kanntet ihr diese Geschichte – und habt ihr jemals Tango getanzt?

Nicolas: Ich habe noch nie Tango getanzt! Und ich habe auch über die Website zum ersten Mal davon gehört, dass es eine Verbindung gibt zwischen Krefeld und Argentinien. Es ist fast ein wenig merkwürdig, dass diese kleine deutsche Stadt so einen großen Einfluss hat auf die Musik meines Landes.

Martin: Im Theater habe ich mal Tangomusik gehört und ich kenne die Geschichte hinter der Musik, aber getanzt habe ich den Tango nie. Allerdings kenne ich Mar del Plata; dort haben wir mit meinem Heimatverein ein paar Mal gespielt.

Stichwort Hockey: Aktuell steht Argentinien auf Platz 5 der Weltrangliste – wie populär ist der Sport in eurer Heimat?

Nicolas: In den vergangenen zehn Jahren ist Hockey deutlich beliebter geworden, vor allem bei den Frauen. Das Damen-Team ist zweimal Weltmeister geworden und hat viele olympische Medaillen gewonnen, das zeigt Wirkung. Aber auch bei den Männern steigt die Popularität, seitdem wir Gold bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio gewonnen haben. Aber so populär wie Fußball wird Hockey nie werden, das ist sicher.

Martin: Im Gegensatz zu Fußball ist Hockey in Argentinien immer noch ein reiner Amateursport. Das ist überhaupt nicht zu vergleichen.

Wie seid ihr denn zum Hockey gekommen?

Martin: Durch einen Lehrer in der Schule. Er war aktiv beim lokalen Hockeyverein und hat ein paar Schüler eingeladen, den Sport mal auszuprobieren. Ich wusste sofort: Das ist mein Sport! Damals war ich sechs Jahre alt.

Nicolas: Ich bin der jüngste von fünf Brüdern, die alle Fußball spielen. Aber meine Eltern spielen beide Hockey und zeitweise habe ich beide Sportarten, also Fußball und Hockey, gemacht. Irgendwann musste ich mich dann entscheiden, weil beides auch zeitlich nicht mehr ging. Meine jüngere Schwester spielt ebenfalls Hockey.

Ihr wart 16 bzw. 17 Jahre alt, als ihr von Südamerika nach Europa gekommen seid, um hier professionell Hockey zu spielen. Wie leicht ist euch diese Entscheidung gefallen?

Martin: Ich habe zunächst in den Niederlanden gespielt und das erste Jahr ohne Familie und Freude auf einem fremden Kontinent war schon hart – aber auch aufregend! Vor allem aber war ich glücklich über die professionellen Bedingungen hier, das ist ein ganz anderes Level als in Argentinien.

Nicolas: Die Qualität ist einfach viel höher – angefangen bei den Spielfeldern bis hin zum Clubhaus. Wenn man professionell Hockey spielen will, ist es für uns Südamerikaner der natürliche Weg, nach Europa zu kommen. Bislang waren vor allem die Niederlande und Belgien wichtige Länder, um als Hockeyspieler voranzukommen, aber inzwischen wird auch Deutschland populärer. Ich spiele jetzt die dritte Saison hier in Krefeld.

Krefeld: Eindrücke und Lieblingsorte

Als ihr das erste Mal nach Krefeld gekommen seid: Welchen Eindruck haben die Stadt und die Menschen auf euch gemacht?

Nicolas: Ich erlebe Krefeld als sehr ruhige und stille Stadt. Ganz anders als die Großstädte, die ich sonst gewohnt war. In Argentinien ist es lauter, verrückter – auch der Verkehr … In Krefeld bin ich sehr fokussiert auf Hockey, deshalb bekomme ich vom Stadtleben nicht so viel mit.

Martin: Ich mag es, dass es in Krefeld so grün ist und viele Wälder gibt, das kannte ich aus Argentinien nicht. Ich gehe gerne spazieren, außerdem treffe ich mich mit Nicolas oft im Café Coffee Brew, das ist unser Favorit in Krefeld.

Nicolas: … und der Nordbahnhof! Da gehen wir nach dem Training gerne hin, um Schnitzel zu essen.

Argentinien und Deutschland

Ihr seid nicht nur Spieler des Krefelder CHTC, sondern auch argentinische Nationalspieler. Bei der WM im vergangenen Jahr hat es Argentinien nur auf den 9. Platz geschafft, während Deutschland Weltmeister wurde. Konntet ihr euch mit den Deutschen freuen?

Nicolas: Auf jeden Fall! Ich habe Niklas (Wellen) sofort geschrieben und ihm gratuliert. Er hat ein fantastisches Turnier gespielt.

Martin: Ich war selbst bei der WM dabei und aus argentinischer Sicht war das Ergebnis natürlich unglücklich. Aber ich habe mich sehr für die Deutschen gefreut, es sind viele Freunde dabei. Mit Niklas habe ich schon bei Pinoké in Gent gespielt und er war es auch, der mir vom CHTC erzählt hat.

Bei der WM kam es nicht zu einem Match Argentinien gegen Deutschland, aber die beiden Teams sind sicher schon einmal gegeneinander angetreten?

Martin: Ja, in der Pro League. Für uns Argentinier ist es schon tough, gegen Deutschland anzutreten – sie sind einfach besser als wir. Aber ich liebe die Herausforderung und es macht wirklich Spaß, gegen die Deutschen anzutreten.

Nicolas: … und wenn wir dann noch gewinnen, ist es ein besonderer Erfolg!

Zukunftspläne

Welche Ziele habt ihr mit dem CHTC?

Martin: Wir wollen natürlich Champions werden! Im letzten Jahr haben wir es bis ins Viertelfinale geschafft. Das war wirklich gut, denn das ganze Team war noch neu. Dieses Jahr wollen wir es natürlich noch weiter schaffen.

Nicolas: Als ich beim CHTC eingestiegen bin, spielte der Verein noch in der 2. Bundesliga. Es direkt nach dem Aufstieg in die 1. Liga ins Viertelfinale zu schaffen, war wichtig für das Team. Dieses Jahr wollen wir mindestens das Halbfinale erreichen.

Welche Pläne habt ihr für eure persönliche Entwicklung? Wie lange ist es überhaupt möglich, professionell zu spielen?

Nicolas: Das kommt darauf an, wie gut man auf sich und seinen Körper achtet. Ich würde sagen, auf dem Niveau eines Nationalspielers geht das bis maximal 35 Jahre. Ich habe während Corona ein Fernstudium an der Universität von Argentinien begonnen, in Marketing. Ich hoffe, dass ich in den nächsten 1-2 Jahren meinen Abschluss machen. Und als Hockeyspieler möchte ich weiter wachsen und immer besser werden.  

Martin: Vor einer Weile hatte ich angefangen Finance zu studieren aber nach einem Jahr aufgehört – das war nicht das Richtige für mich. Mir ist klar, dass ich auch eine Karriere abseits des Hockeys brauche, aber derzeit liegt mein Fokus klar auf dem Sport.

Könnt ihr euch vorstellen in Europa, in Deutschland oder sogar in Krefeld zu bleiben?

Martin: Das hängt natürlich auch von den Angeboten ab, die ich hier als Hockeyspieler bekomme. Ob ich in Krefeld bleiben würde, weiß ich nicht … Aber ich kann mir gut vorstellen, den Rest meines Lebens in Europa zu verbringen. Einige Freude aus Argentinien leben in Spanien, das könnte auch was für mich sein.

Nicolas: Ich sehe mich nicht dauerhaft in Europa. Es sind für mich wichtige Erfahrungen, hier zu spielen, Leute kennenzulernen und eine andere Sprache zu sprechen. Aber in Zukunft werde ich sicherlich wieder in Argentinien leben.

Gibt es etwas, dass ihr in Deutschland vermisst?

Martin: Wenn hier in Krefeld bin, vermisse ich Argentinien. Und wenn ich in Argentinien bin, vermisse ich Krefeld – die Ruhe hier, die Spaziergänge.

Nicolas: Ich vermisse Familien und Freunde, meinen Hund, mein Bett und die Sonne. Aber am meisten vermutlich die Lebensfreude der Argentinier. Wir sind sehr emotionale und positive Menschen, das gefällt mir schon besser als die rationalen Deutschen. Ich glaube, es ist immer eine gute Erfahrung, einen Argentinier zu treffen. Weil wir einfach fröhliche Menschen sind!